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Univ.-Prof. Dr.-Ing. Torsten Leutbecher
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Ableitung der zentrischen Nachrisszugfestigkeit von stahlfaserverstärktem Ultrahochleitungsbeton aus Biegeversuchen
Forschungsschwerpunkt
Bemessen und Konstruieren mit Ultrahochleistungsbeton (UHPC), Mechanik des Faserbetons und faserverstärkten Stahlbetons
Finanzierung und Laufzeit
Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb), Forschungsvorhaben V 497, Teilprojekt A
Laufzeit: Februar 2017 bis Januar 2018
Bearbeiter
Jan-Frederik Rebling, M.Sc.
Projektbeschreibung
Wie für Stahlfaserbeton üblich, verwenden auch die Nachweismodelle des Entwurfs der DAfStb-Richtlinie "Ultrahochfester Beton" repräsentative Werte der zentrischen Nachrisszugfestigkeit, um das Zugtragverhalten des gerissenen faserbewehrten ultrahochfesten Betons (UHFB) zu charakterisieren. Die zentrische Nachrisszugfestigkeit wird dabei als Maximalwert der unter axialer Belastung im vollständig gerissenen Zustand aufnehmbaren nominellen Betonzugspannung definiert. Dieser Festigkeitskennwert soll auf möglichst einfache Weise aus einer im 3-Punkt-Biegeversuch zu ermittelnden Nachrissbiegezugfestigkeit abgeleitet werden.
Zur Identifizierung des hierbei anzuwendenden Umrechnungsfaktors wurden in 7 Serien insgesamt 42 3-Punkt-Biegeversuche in Anlehnung an DIN EN 14651 (Bild 1), 12 4-Punkt-Biegeversuche in Anlehnung an die DAfStb-Richtlinie "Stahlfaserbeton" (Bild 2) sowie 168 direkte Zugversuche an aus Balken herausgeschnittenen Zugproben (Bild 3 und 4) durchgeführt. Untersucht wurden drei unterschiedliche UHFB-Systeme. Diese wiesen Größtkorndurchmesser von 0,5 mm, 3 mm und 8 mm auf und waren mit Fasergehalten von 0,5, 1,0 oder 2,5 Vol.-% bewehrt. Die Abmessungen der Fasern betrugen lf/df [mm] = 9/0,175 bzw. lf/df [mm] = 17/0,20. Die Frischbetonkonsistenz war fließfähig bis selbstverdichtend.
Die Nachrissbiegezugfestigkeiten und zentrischen Nachrisszugfestigkeiten waren bei einem Fasergehalt von 2,5 Vol.-% am höchsten. Mit den längeren Fasern wurden insgesamt höhere Festigkeiten erzielt als mit den kürzeren Fasern. Auch ein gewisser Einfluss des Größtkorndurchmessers war festzustellen. Da bei längeren Fasern die maximale Aktivierung erst bei größerem Schlupf eintritt, wurde bei den Betonen mit längeren Fasern sowohl die zentrische Nachrisszugfestigkeit als auch die Nachrissbiegezugfestigkeit bei größeren Verformungen als bei den Betonen mit kürzeren Fasern erreicht.
Die axialen Zugversuche an den aus Balken herausgeschnittenen Zugproben (Bild 4) lieferten für die verschiedenen Bereiche eines Balkenquerschnitts unterschiedlich hohe zentrische Nachrisszugfestigkeiten, die eine systematisch heterogene Faserverteilung und -orientierung innerhalb eines Balkenquerschnitts erkennen lassen. Zugproben, die aus den Balken an der nicht geschalten Einfüllseite entnommen worden waren, besaßen jeweils die niedrigsten zentrischen Nachrisszugfestigkeiten. Als Ursache hierfür kommen der fehlende günstige Einfluss eines Schalungsrands auf die Orientierung der Fasern und das beim Einfüllen in die Schalung beobachtete turbulente Strömungsverhalten des viskosen Frischbetons in Betracht.
Setzt man die über den Balkenquerschnitt gemittelte zentrische Nachrisszugfestigkeit und die Nachrissbiegzugfestigkeit (Maximum der Biegespannungs-Durchbiegungs-Beziehung) ins Verhältnis, so erhält man für die verschiedenen Betone eine recht große Bandbreite an Ergebnissen. Dies ist zum einen Folge der für die verschiedenen Betone unterschiedlich stark ausgeprägten Inhomogenität der Balkenquerschnitte. Zum andern liegen die Verhältniswerte für Betone mit kürzeren Fasern grundsätzlich höher als für Betone mit längeren Fasern, da Balken mit längeren Fasern ein größeres Rotationsvermögen besitzen und daher bei gleicher zentrischer Nachrisszugfestigkeit durch Einschnürung der Biegedruckzone höhere Biegetragfähigkeiten entwickeln. Letzteres kann dadurch kompensiert werden, dass die Nachrissbiegezugfestigkeit nicht als Maximum der Biegespannungs-Durchbiegungs-Beziehung, sondern für alle Balken bei der gleichen Mittendurchbiegung ausgewertet wird.
Die Empfehlung für die DAfStb-Richtlinie "Ultrahochfester Beton" sieht daher vor, die zentrische Nachrisszugfestigkeit in Anlehnung an fib Model Code 2010 auf Basis der in einem 3-Punkt-Biegeversuch nach DIN EN 14651 ermittelten Nachrissbiegezugfestigkeit bei CMOD1 = 0,5 mm bzw. δ1 = 0,47 mm zu bestimmen. Fehlen Informationen zur Faserverteilung und -orientierung innerhalb des Balkenquerschnitts, so sollte die Umrechnung konservativ mit dem Faktor 0,37 erfolgen. Die Anwendung eines 4-Punkt-Biegeversuchs in Anlehnung an die DAfStb-Richtlinie "Stahlfaserbeton" wird nicht empfohlen, da der Verlauf der Last-Durchbiegungs-Beziehung bei ungekerbten Balken, insbesondere bei verfestigendem Verhalten, je nach Rissbild stark variiert.
Publikationen
LEUTBECHER, T.; RIEDEL, P., 2020. Compressive strength classes and performance classes of ultra-high-performance concrete (Part 2) | Druckfestigkeits- und Leistungsklassen für ultrahochfesten Beton (Teil 2). Betonwerk und Fertigteil-Technik/Concrete Plant and Precast Technology. 86(10), 46-53. ISSN 0373-4331
LEUTBECHER, T.; RIEDEL, P., 2020. Compressive strength classes and performance classes of ultra-high-performance concrete (Part 1) | Druckfestigkeits- und Leistungsklassen für ultrahochfesten Beton (Teil 1). Betonwerk und Fertigteil-Technik/Concrete Plant and Precast Technology. 86(9), 46-54. ISSN 0373-4331
LEUTBECHER, T., 2020. Klassifizierung von ultrahochfestem Beton: Hintergründe und Prüfverfahren. In: Kongressunterlagen 64. BetonTage: Betonbau der Zukunft. Neu-Ulm, 18.-21. Februar 2020. Betonwerk und Fertigteil-Technik/Concrete Plant and Precast Technology. 86(2), 72. ISSN 0373-4331
LEUTBECHER, T.; REBLING, J., 2019. Predicting the postcracking strength of ultra‐high performance fiber reinforced concrete by means of three‐point bending tests according to EN 14651. Structural Concrete. 20(6), 2081-2095. ISSN 1464-4177. doi:10.1002/suco.201900070
LEUTBECHER, T.; REBLING, J., 2018. Experimentelle Untersuchungen zur Ableitung der zentrischen Nachrisszugfestigkeit von UHFB aus Biegeversuchen. Bauingenieur. 93(11), 463-472. ISSN 0005-6650. doi:10.37544/0005-6650-2018-11-81