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Einfluss der Querschnittshöhe und des Größtkorndurchmessers auf die Biegezugfestigkeit von ultrahochfestem Beton

Forschungsschwerpunkt

Bemessen und Konstruieren mit Ultrahochleistungsbeton (UHPC)

Finanzierung und Laufzeit

Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb), Forschungsvorhaben V 512
Laufzeit: Januar 2022 bis Juni 2023

Bearbeiter

Jan Schuller, B.Sc.

Zielsetzung

Neben der zentrischen Zugfestigkeit fct, die eine echte Werkstoffkenngröße darstellt, wird in Eurocode 2 (EC 2) und fib Model Code 2010 eine sogenannte Biegezugfestigkeit fct,fl definiert. Bei der Biegezugfestigkeit handelt sich um eine Kenngröße, die neben der Betonzugfestigkeit auch von der Querschnittshöhe h des betrachteten Biegebauteils und von der Sprödigkeit des Betons abhängt. Nach EC 2 darf bei Biegebauteilen die höhere Biegezugfestigkeit fct,fl anstelle der niedrigeren zentrischen Zugfestigkeit fct angesetzt werden, wenn bei der Ermittlung von Spannungen und Biegeverformungen im Gebrauchszustand zu entscheiden ist, ob von ungerissenem oder gerissenem Querschnitt auszu-gehen ist. Der Ansatz von fct,fl anstelle von fct liefert für Bauteile mit kleiner Querschnittshöhe die realitätsnähere und gleichzeitig wirtschaftlichere Abschätzung.

Für ultrahochfesten Beton (UHFB) fehlte bislang ein rechnerischer Ansatz zur Bestimmung der Biegezugfestigkeit. Daher sollte im Rahmen dieses Forschungsvorhabens der Frage nachgegangen werden, wie die Querschnittshöhe die Biegezugfestigkeit von UHFB beeinflusst.

Experimentelle Untersuchungen

Das Versuchsprogramm umfasste die Herstellung und Prüfung von jeweils 88 Probekörpern aus faserfreiem Feinkorn- und Grobkorn-UHFB. Am Festbeton wurden die Druckfestigkeit, die Biegezugfestigkeit, die Spaltzugfestigkeit und die zentrische Zugfestigkeit bestimmt (Tab. 1). Die Prüfung der Druckfestigkeit erfolgte an Würfeln mit einer Kantenlänge d = 100 mm (Cube100) sowie an Zylindern mit einem Durchmesser d = 100 mm und einer Höhe h = 200 mm (Cyl100). Die Prüfung der Spaltzugfestigkeit wurde ebenfalls an Zylindern Cyl100 durchgeführt. Für die nicht normativ geregelten Zugversuche wurden Zylinder mit einem Durchmesser und einer Höhe von jeweils 50 mm (Cyl50) verwendet. Die Biegezugversuche erfolgten als 4-Punkt-Versuch an Prismen mit einer Breite b = 100 mm und unterschiedlicher Querschnittshöhe h = 30, 40, 50, 70, 100, 150 und 200 mm (bezeichnet mit P30 bis P200). Die Prismen wurden liegend ca. 2 cm höher betoniert und später mit einer Betonsäge auf das Sollmaß geschnitten. Dies diente dazu, die Randzone an der Einfüllseite, die ein etwas poröseres Gefüge aufweisen kann, zu entfernen und über die gesamte Länge des Probekörpers eine gleichmäßige Querschnittsgeometrie herzustellen. Um einer Vorschädigung durch Eigenspannungen bestmöglich entgegenzuwirken und Einflüsse eines Feuchtegradienten auszuschließen, wurden sämtliche Probekörper bis zur Prüfung in einem Wasserbecken gelagert.

Tab1

Die Zylinder- und die Würfeldruckfestigkeit betrugen für Serie 1 im Mittel fcm = 161,5 N/mm² und fcm,cube = 174,4 N/mm² sowie für Serie 2 fcm = 161,1 N/mm² und fcm,cube = 174,1 N/mm². Während sich die Mittelwerte der Druckfestigkeiten von Feinkorn- und Grobkorn-UHFB kaum unterschieden, lag die zentrische Zugfestigkeit für den Feinkorn-UHFB mit im Mittel fctm = 10,86 N/mm² rund 17 % über der zentrischen Zugfestigkeit des Grobkorn-UHFB von im Mittel fctm = 9,30 N/mm². Auch die Spaltzugfestigkeiten des Feinkorn- und des Grobkorn-UHFB unterschieden sich mit fctm,sp = 11,53 und 8,56 N/mm² deutlich. Die Mittelwerte der Biegezugfestigkeit lagen mit fctm,fl = 15,22 bis 18,93 N/mm² für den Feinkorn-UHFB und fctm,fl = 10,26 bis 16,99 N/mm² für den Grobkorn-UHFB über der jeweiligen zentrischen Zugfestigkeit fctm und ließen einen deutlichen Einfluss der Querschnittshöhe erkennen. Bei gleicher Querschnittshöhe wies der Grobkorn-UHFB im Vergleich zum Feinkorn-UHFB auch hier die niedrigere Festigkeit auf. Die Variationskoeffizienten betrugen 1,1 bis 4,5 % für die Druckfestigkeit, 6,7 und 7,7 % für die zentrische Zugfestigkeit, 4,8 und 8,0 % für die Spaltzugfestigkeit sowie 3,7 bis 10,5 % für die Biegezugfestigkeiten.

Zusammenhang zwischen Druckfestigkeit und zentrischer Zugfestigkeit

Zur Einordnung der in den eigenen Untersuchungen ermittelten zentrischen Zugfestigkeiten fctm sind diese in Bild 1 zusammen mit weiteren Daten zu faserfreiem UHFB in Abhängigkeit von fcm aufgetragen. In der Legende zu Bild 1 sind zu jeder Studie bzw. Serie die Probekörperform, der Spannungsquerschnitt der Zugprobe Ac, der Größtkorndurchmesser Dmax und die Art der Nachbehandlung (NB) angegeben. Neben den Versuchsdaten sind die Gln. (1) und (2) ausgewertet worden, nach denen gemäß EC 2 und fib Model Code 2010 der Mittelwert der zentrischen Zugfestigkeit fctm für normalfesten Beton (NFB) und hochfesten Beton (HFB) als Funktion der Druckfestigkeit berechnet werden kann. Der charakteristische Wert der Betondruckfestigkeit wurde bei der Auswertung von Gl. (1) mit fck = fcm - 8 N/mm² angesetzt.

Gl1

Bild1

Neben einer großen Bandbreite der Ergebnisse zeigt sich, dass die zentrische Zugfestigkeit der Betone mit fcm zwischen 145,0 und 209,1 N/mm² durch Gl. (2) fast ausnahmslos unterschätzt wird. Zum Teil betragen die experimentell bestimmten Zugfestigkeiten mehr als das Zweifache der durch Gl. (2) prognostizierten zentrischen Zugfestigkeit. Jedoch liegen die Ergebnisse mit zwei Ausnahmen innerhalb der Quantile der für NFB geltenden Gl. (1). Des Weiteren fällt auf, dass Zugproben mit kleinem Spannungsquerschnitt tendenziell höhere Zugfestigkeiten als Zugproben mit großem Spannungsquerschnitt liefern. Ausnahmen bilden die eigenen Untersuchungen und die Studie von Ma, die sich trotz großer Spannungsquerschnitte im oberen Bereich der Zugfestigkeiten einordnen. In beiden Versuchsreihen wurden die Probekörper bis zur Prüfung im Wasser gelagert (WL), während bei allen anderen Studien eine Wärmebehandlung (WB) oder eine Trockenlagerung (Raumklima, RK) erfolgte. Bei den letzten beiden Formen der Nachbehandlung sind Eigenspannungen infolge eines Temperatur- oder Feuchtegradienten wahrscheinlicher als bei einer Wasserlagerung. Es kann daher vermutet werden, dass der beobachtete Einfluss des Spannungsquerschnitts auf die Zugfestigkeit in erster Linie auf Eigenspannungen zurückzuführen ist.

Zusammenhang zwischen Biegezugfestigkeit und zentrischer Zugfestigkeit

Bild 2 zeigt das Verhältnis zwischen Biegezugfestigkeit und zentrischer Zugfestigkeit in Abhängigkeit von der Querschnittshöhe h. Berücksichtigt wurden neben den Ergebnissen der eigenen Untersuchungen die Studien von Schultz-Cornelius und Fitik. Des Weiteren sind die Verläufe nach den Gln. (3) und (4) dargestellt, mit denen EC 2 und fib Model Code 2010 den Zusammenhang zwischen den Mittelwerten der zentrischen Zugfestigkeit fctm und der Biegezugfestigkeit fctm,fl beschreiben.

Gl2

Bild2

Sowohl die eigenen Versuchsdaten als auch die aus Schultz-Cornelius deuten auf einen linearen Zusammenhang zwischen dem Verhältniswert fctm,fl/fctm und der Querschnittshöhe h hin. Jedoch liegen die Verhältniswerte aus Schultz-Cornelius etwas über denen der eigenen Versuche, was auf das unterschiedliche Festigkeitsniveau der Betone beider Studien zurückzuführen sein kann. Die Verhältniswerte, die mit den Zugfestigkeiten der Probekörper mit kleinem Spannungsquerschnitt aus Fitik ermittelt wurden, reihen sich gut in die eigenen Versuchsdaten ein.

Es kann festgestellt werden, dass die experimentell ermittelten Verhältniswerte fctm,fl/fctm durch Gl. (4) fast ausnahmslos überschätzt werden. Gleichung (3) prognostiziert fctm,fl/fctm für kleine Querschnittshöhen tendenziell zu niedrig und für größere Querschnittshöhen zu hoch, sodass eine Anpassung des Ansatzes auf Basis der Versuchsdaten notwendig erscheint. Um zu entscheiden, inwiefern dabei eine unterschiedliche Behandlung von Feinkorn- und Grobkorn-UHFB zielführend ist, wurde eine Regressionsanalyse für die Datensätze der eigenen Untersuchungen durchgeführt. Dabei wurde ein linearer Zusammenhang zwischen dem Verhältniswert fctm,fl/fctm und der Querschnittshöhe h unterstellt (vgl. oben). Erfolgt die Auswertung separat für die jeweils sieben Datensätze des Feinkorn- und Grobkorn-UHFB, so erhält man Bestimmtheitsmaße R² von 79,3 % bzw. 97,2 % (Bild 3). Werden die 14 Datensätze beider Betone als Teil einer einzigen Grundgesamtheit betrachtet, so ergibt sich mit R² = 81,0 % eine schlechtere Anpassungsgüte als für den Grobkorn-UHFB allein. Angesichts des begrenzten Stichprobenumfangs erscheint es dennoch gerechtfertigt, bei der rechnerischen Bestimmung der Biegezugfestigkeit vorerst nicht zwischen Feinkorn- und Grobkorn-UHFB zu unterscheiden. In Bild 3 kennzeichnet der Fehlerindikator den kleinsten und größten Einzelwert des Verhältnisses fct,fl/fctm einer Prismengröße. Der hier vorgeschlagene Ansatz zur rechnerischen Bestimmung der Biegezugfestigkeit von UHFB orientiert sich an der roten Regressionsgeraden aus Bild 3.

Gl3

In Gl. (5) ist fctm der Mittelwert der zentrischen Zugfestigkeit des Feinkorn- oder Grobkorn-UHFB und h die Querschnittshöhe des Bauteils bzw. Probekörpers in mm.

Bild3

Zusammenfassung der Ergebnisse und Schlussfolgerungen

Bei gleicher Druckfestigkeit weist Grobkorn-UHFB eine tendenziell niedrigere zentrische Zugfestigkeit als Feinkorn-UHFB auf. Dies kann auf die größeren Steifigkeitsunterschiede im Gefüge des Grobkorn-UHFB oder auf Eigenspannungen infolge Schwindbehinderung durch die grobe Gesteinskörnung zurückzuführen sein.

Die Art der Nachbehandlung hat Einfluss auf die zentrische Zugfestigkeit des UHFB. Probekörper, die einer Wärmebehandlung oder einer Trockenlagerung unterzogen werden, weisen tendenziell eine niedrigere Zugfestigkeit auf als Proben, die bis zur Prüfung im Wasser gelagert werden. Der Festigkeitsminderung, die von Ma mit rund 25 % angegeben wird, ist offensichtlich von der Querschnittsgröße abhängig. Probekörper mit sehr kleiner Querschnittsgröße erreichen trotz Wärmebehandlung oder Trockenlagerung hohe Zugfestigkeiten. Mit größer werdender Querschnittsgröße nimmt die zentrische Zugfestigkeit ab. Es wird vermutet, dass die Festigkeitsminderung durch Eigenspannungen infolge eines Temperatur- oder Feuchtegradienten verursacht wird. Möglicherweise beeinflusst auch der Anteil ungeschalten Randes am Gesamtquerschnittsumfang der Zugprobe (poröse Randzone an der Einfüllseite) die Zugfestigkeit.

Die Gleichung aus EC 2, mit der die mittlere Zugfestigkeit fctm für HFB als Funktion der mittleren Zylinderdruckfestigkeit fcm rechnerisch ermittelt werden kann, unterschätzt die experimentell für UHFB bestimmten zentrischen Zugfestigkeiten mitunter deutlich. Dieser Ansatz ist daher für Betone mit fcm ≥ 150 N/mm² nicht geeignet. Eine bessere Übereinstimmung zwischen experimenteller und rechnerischer Zugfestigkeit wird mit der für NFB geltenden Gleichung aus EC 2 erzielt. Die Versuchsergebnisse fast aller Studien – egal, ob Feinkorn- oder Grobkorn-UHFB – liegen innerhalb der Quantile dieses Ansatzes. Probekörper mit großer Querschnittsgröße, die eine Nachbehandlung durch Wärmebehandlung oder Trockenlagerung erfahren haben, ordnen sich am unteren Rand dieses Spektrums ein.

Der Unterschied zwischen zentrischer Zugfestigkeit und Spaltzugfestigkeit ist für UHFB gering. Daher wird der Ansatz fctm = fctm,sp empfohlen.

Die Biegezugfestigkeit von UHFB nimmt mit wachsender Querschnittshöhe annähernd linear ab. Durch den Ansatz aus fib Model Code 2010 wird fctm,fl fast ausnahmslos überschätzt, während der Ansatz aus EC 2 die Biegezugfestigkeit für kleine Querschnittshöhen tendenziell zu niedrig und für größere Querschnittshöhen tendenziell zu hoch abschätzt. Der gegenüber NFB und HFB mit wachsender Querschnittshöhe h rascher abnehmende Verhältniswert fctm,fl/fctm kann auf die größere Sprödigkeit (geringere spezifische Bruchenergie) von UHFB zurückgeführt werden.

Gestützt auf die Ergebnisse der eigenen Untersuchungen und Daten der Studien von Schultz-Cornelius und Fitik wird ein Ansatz zur Bestimmung der Biegezugfestigkeit vorgeschlagen, der eine lineare Abhängigkeit des Verhältniswerts fctm,fl/fctm von der Querschnittshöhe h vorsieht. Bei diesem Ansatz kann fctm,fl/fctm maximal den Wert 1,9 annehmen und wird für Querschnittshöhen h ≥ 270 mm zu 1,0. Eine unterschiedliche Behandlung von Feinkorn- und Grobkorn-UHFB erscheint angesichts der Datenlage und des begrenzten Stichprobenumfangs gegenwärtig nicht gerechtfertigt.

Publikationen

SCHULLER, J.; LEUTBECHER, T., 2024. Einfluss der Querschnittshöhe auf die Biegezugfestigkeit von ultrahochfestem Beton. Beton- und Stahlbetonbau. 119(4), 242-252. doi:10.1002/best.202300095
Supporting Information: Data S1. Ergebnisse der Festigkeitsprüfungen

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